Liebesgeschehen

Liebesgeschehen

Wir müssen reden!
31. Dezember.
Fünf vor Zwölf.
Auf dem Dach.
Keine Ausreden.

gott

Fett gedruckt. Unübersehbar.
Kaum rausgehängt, murrt es im Haus:
Der tickt doch nicht richtig…
Mieterversammlung – an Silvester…
Fünf vor Zwölf, geht´s noch?
Da schlaf´ ich schon…
Ich wollte doch gar nicht da sein…

Am 31. Dezember sind alle da.
Keine Ausreden.
Gott staunt.
Er war sich nicht ganz sicher, ob er auf alle zählen kann.

„Liebe Bewohnerinnen und Bewohner meines Hauses“, beginnt Gott die Mieterversammlung. „Wir müssen reden. Es ist fünf vor Zwölf. Gleich beginnt das neue Jahr. Und dafür gibt es eine neue Hausordnung. So, wie es zuletzt in meinem Haus zuging, geht es nicht weiter. Der eine vergisst notorisch, den Müll rauszubringen. Der Nächste kontrolliert, ob der Müll auch richtig getrennt wird. Sauber gemacht wurde schon lange nicht mehr ordentlich. Ständig bekomme ich Beschwerden über die jungen Leute, über die dicke Luft im Haus und das geheizte Weltall. Irgendeiner ist immer beleidigt und will von Freude in diesem Haus nichts wissen und schon gar nicht hören. Irgendwer schmiert seinen Unmut an die Wand. Was gar nicht geht: anonyme Zettel im Briefkasten. Botschaften wie ´Hau ab!´, ´Du Dreck´, ´Sowas wie dich…´“ Gott stockt kurz. „Das ist so erbärmlich. Das geht gar nicht!

Liebe Bewohnerinnen und Bewohner. Ich will Frieden haben. Das dürfte doch in eurem Sinne sein. Es ist Drei vor Zwölf. Für das neue Jahr rufe ich eine neue Losung aus: „Alles, was ihr tut, lasst in Liebe geschehen!“

Bevor die Bewohnerinnen und Bewohner auch nur anfangen können mit Kopfnicken, Kopfschütteln, Tuscheln, Maulen und Augenrollen, ruft Gott: „Bevor ihr protestiert, sage ich euch, wie wir Liebe in diesem Haus künftig umsetzen:

In diesem Haus
wird gelebt,
geben wir eine zweite Chance,
sagen wir bitte und danke,
haben wir Spaß,
werden Fehler gemacht und verziehen,
ist es mal laut und mal leise,
geben wir unser Bestes,
wird getanzt und gelacht,
ist es bunt und lustig,
wird geliebt,
sind wir eine Familie.

Also, meine Lieben“, ruft Gott und erhebt sein Glas: „Trinken wir auf das Leben und Liebe.“ Da ruft ein Mutiger: „Amen“.
Und Gott antwortet: „So soll es sein. Prost Neujahr!“

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